62 Stunden Wehen und zittern, ob alles gut ausgeht. Ein Kind, das auf fast 41 Grad fiebert, damit die Großmutter überfordert, während die Mutter den Bruder gebärt. Einen schlaflosen Vater, der in letzter Minute vor dem Osterwochenende Ärzte und Apotheken heimsucht. Die Geburt eines Kindes stellt fast jede Familie vor z.T. enorme Herausforderungen: Sorgenfalten durchziehen das Gesicht, die Augenringe sprießen, die Müdigkeit wird zum ständigen Begleiter und die Nerven liegen blank.
Wie fruchtbar ist der kleinste Kreis, wenn man ihn wohl zu Pflegen weiß. (J.W. Goethe)
Ein soziales Netzwerk, das Geborgenheit, echten Rückhalt und praktische Unterstützung bietet ist in dieser und vergleichbaren Situationen unglaublich wertvoll und fällt nicht vom Himmel. Wir haben hier im Cohousingprojekt Lebensraum diese wichtige Ressourcen in den vergangen Wochen erleben dürfen und ich bin unendlich dankbar, für die Anteilnahme und das empathische Interesse in der Phase vor der Geburt und danach, für die Möglichkeit des Austausches von Erfahrungen oder die nachbarschaftlichen Supervisionen wenn man glaube es geht nicht mehr, für den köstlichen und nahrhaften Hühnersuppentopf, für die vor dem Regen gerettete fein säuberlich aufgehängte Wäsche, für den Birnengrießauflauf, die Gemüsesuppe und den vielen anderen Köstlichkeiten, mit denen wir in den letzten Tagen versorgt wurden,
für die vielen Glückwünsche, für die freundlichen Gesichter die Theodor auf den Gängen und im Gemeinschaftsraum anlächeln, für die Abholung von Mutter und Kind aus dem Krankenhaus, für die Besorgungen und Einkäufe, für die Betreuung des älteren Bruders, für die Diskretion und Zurückhaltung in den ersten Tagen.Und ich bin sehr dankbar für die Erfahrung, dass Engagement für die Gemeinschaft eine echte diesseitige Komponente hat und keine reine metaphysische Hoffnung ist.
Nachhaltiges Netzwerk
Heute habe ich im Radio auf Ö1 einen Beitrag über "Die Macht der Netzwerke" gehört (http://oe1.orf.at/programm/300684), der wunderbar zu diesem Thema passt.
Macht kommt von können und unser Netzwerk hier in der Cohousingsiedlung Lebensraum in Gänserndorf kann vieles und ich bin mächtig Stolz darauf. Es kann mir zwar keine lukrativen Einkünfte bieten, wo ich hinterher rätsle "wos mei Leistung woar", aber es stellt echte Ressourcen zur Verfügung, nicht nur ideologisch aufgeladene Träumereien.
Unsere Gemeinschaft bietet ein Lebensgefühl der Zugehörigkeit und Geborgenheit, das zweite Kriterium von nachhaltigen Netzwerken. Das Dritte, nämlich Offenheit für Neues und Unterschiedliches und damit verbunden, die Möglichkeit des persönlichen Wachstums durch Lernerfahrungen und -impulse, können alle hier, die sich aktiv in das Gemeinschaftsleben einbringen, beinahe tagtäglich erleben.
Und schließlich sind anziehende visionäre Kräfte wichtig, eine Richtung, Ziele, die das Leben der Gesellschaft bereichern und dem Leben dienen. Dadurch werden Netzwerke breit und attraktiv für neue Mitglieder und unterscheiden sich von zynischen Netzwerken, die nur einem Selbstzweck folgen und den Nutzen ihrer Mitglieder maximieren. Ich bin überzeugt, dass für Österreich, Europa, eigentlich für die ganze Welt offene und innovative Gemeinschaften nützlich sind.