Poesie des Gemeinschaftslebens

Ein Konzept für mehrdimensionale Lichtspiele in Gemeinschaftsprojekten

Etwas, das wirklich nicht ganz normal ist, muss sich gegenüber dem Normalen behaupten können. Jede Utopie ist umzingelt von realen Verhältnissen. Realität und gängiges Wohnmodell der Postmoderne ist die kleinteilige manierliche Absonderung per Wohnung oder Einfamilienhaus. Dagegen ist das Leben in einem Gemeinschaftsprojekt nicht normal und eine ziemlich anstrengende Wohnform, hat man es doch ständig mit Menschen zu tun, die zwar nicht verwandt sind, aber einem ebenso auf die Nerven gehen können wie die Sippschaft. Für die gelebte Utopie in einem Gemeinschaftsprojekt kommt mit Sicherheit die Zeit, wo das Normale beginnt die Abweichung in Frage zu stellen oder die Absonderung bereits längst im Projekt eingezogen ist, sodass auf die Euphorie der Anfangszeit selten und wenn doch eher müde Bezug genommen wird.

Aufwärmrunde für die poetische Unternehmung
Das hier beschriebene Konzept hat das Ziel die Schläfrigkeit zugunsten einer wachsamen Freiheit abzuschütteln. Es besteht nicht in der häufig praktizierten Methode des sich gemeinsam Zurück- oder Vorwärtsträumens auf esoterischen Geisterschiffen, sondern im lustvollen gemeinsamen Nachdenken über sieben zentrale Themengebiete des praktischen Lebens in Gemeinschaft.

Aber weil zum Glück die Maxime „Du sollst nicht langweilen!“ mehr oder weniger Realität geworden ist, dürfen sich zu Beginn die Menschen über kleine aber feine kulinarische Aufmerksamkeiten freuen und sich für den Extra-Termin mit zwangloser Plauderei so gut es eben geht schadlos halten. Nach rund 15 bis 20 Minuten beginnt dann das erste Lichtspiel.

 

1. Lichtspiel

Link zur philosophische Filmstunde
Will man Menschen zum Tanzen oder zu einer poetischen Unternehmung verführen, muss man sie zunächst in die geeignete Stimmung bringen. Das passiert hier mit einem einleitenden Kurzvortrag (fünf Minuten) und einem wunderbaren knapp einstündigen Film über ein Gemeinschaftsprojekt, das großartig schwungvoll abhob, aber im Verlauf von 40 Jahren jetzt doch recht alt, aber noch liebenswürdig aussieht. Das Schöne an einem gelungenen Reifungsprozess liegt in der humorvollen Distanz, die diesem Film neben der Melancholie über gescheiterte Ideen beigemischt ist. In Summe höchstwahrscheinlich ein geeignetes Medium, um das Gemeinschaftsvolk im Anschluss zu schöpferischen Taten anzuregen.

 

2. Lichtspiel

Die sieben thematischen Gesprächsanzünder entfalten ihre Wirkung

Im Anschluss an den Film geht es weiter an den inzwischen vorbereiteten sieben Tischen, an denen sieben verschiedene thematische Gesprächsanzünder nebst Erfrischungen bereit stehen. Das Gespräch soll durch bündig formulierte Hypothesen und offene Fragen in kleinen Runden in Gang kommen. Dabei werden sowohl typische, in jeder Gemeinschaft vorhandene, latente oder offenkundige Schwierigkeiten angesprochen, aber auch Potentiale, die zu mehr Lebensfreude führen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Menschen durch eine ästhetisch ansprechend gestaltete Umgebung, die Themenauswahl und Art der Fragestellungen, relativ rasch miteinander in eine Beredsamkeit kommen und tiefere Gedanken entwickeln, als sie das für gewöhnlich in anderen Formaten tun. 

Der Totengräber jedweder poetisch-schöpferischen Gedankenentfaltung ist der Zwang. Daher gilt das Gesetz der Füße: jeder der möchte kann seinen Sitzplatz wechseln, um mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen – zu einer anderen Diskussionsrunde an einem der Tische –, um dort sein Glück zu versuchen. Denn das Glück liegt im gemeinsamen Aushandeln und Handeln, nicht im Dulden.


3. Lichtspiel

Nicht nur das Glück, sondern auch die Macht neue Realitäten zu erschaffen und dem Gemeinschaftsleben wieder poetischen Schwung zu verleihen, liegt in einem „Miteinander, das nahe genug ist, um die Möglichkeiten des Handelns ständig offen zu halten“, analysiert die Philosophin Hannah Arendt. Die härteste Währung einer Gemeinschaft ist das wechselseitige Vertrauen und Zutrauen darin, stets neue Bezüge herstellen zu können.

Der Begriff „Macht“ leitet sich nicht primär von „machen“, sondern von „mögen“ her. Daher muss man sowohl in Gemeinschaften wie in Sippschaften in Form bleiben; man darf sich nicht gehen lassen, sich nicht dauernd über Kleinigkeiten beklagen, sondern ein bisschen Wert darauf legen zu gefallen. Daher ist es ratsam die Veranstaltung fröhlich-feierlich ausklingen zu lassen.

Gefälliger fröhlich-feierlicher Ausklang

Wer nun meint, dass dieses Format tauglich und wünschenswert für die eigene Gemeinschaft ist, findet Kontaktmöglichkeiten auf der Website https://philosophischer-praktiker.at/